Kunstlederguide

Kunstleder-Guide

Ich werde oft gefragt, welche Kunstleder man am besten für meine Taschen verwenden sollte, auf was man beim Kauf achten sollte und wo man geeignetes Kunstleder kaufen kann. Darum habe ich beschlossen einen kleinen Kunstleder-Guide zu schreiben, in dem ich probiere, möglichst viele eurer Fragen, die ihr zuvor via Facebook stellen konntet, zu beantworten. Viele der Tipps gelten auch für Wachstuch.

Ich hatte über meine Facebook-Seite einen Aufruf gestartet und euch gefragt, was ihr alles über Kunstleder wissen wollt. Ich möchte vorweg betonen, dass es sich hierbei nur um meine eigenen Erfahrungen handelt und kein „geschriebenes Gesetz“ ist 😉 Auch ich weiß nicht alles über Kunstleder, konnte aber in den letzten Monaten viel ausprobieren und unterschiedliche Kunstleder-Arten verschiedener Anbieter testen.

Kunstlederrollen

Popeline, Fahnentuch, Canvas, … All das sind Baumwollstoffe/ Webware und genau wie es Baumwollstoffe in unterschiedlichen Stärken und Qualitäten gibt, gibt es auch Kunstleder in verschiedenen Stärken und Qualitäten, für jeden Anwendungsbereich das Richtige.
Es gibt auch spezielle „Bekleidungs-Kunstleder“, die dehnbar sein müssen, da man sie zu Leggings, Jacke und Co. verarbeiten kann. Zur Herstellung von Taschen empfiehlt sich aber ein stärkeres, nicht dehnbares Kunstleder, denn wir wollen ja nicht, dass die Tasche durchhängt oder sogar reißt.

Kunstleder-Arten

Leider scheint es keine genormte Beschreibungspflicht für Kunstleder zu geben, denn ich sehe bei vielen Anbietern unterschiedliche Angaben.
Millimeter (mm), Laufmeter (lfm), Quadratmeter (qm)… – Das macht es etwas schwierig, das Kunstleder richtig zuzuordnen. Oftmals bleibt nur der Probekauf.

Die geläufigste Art der Angabe scheint aber in Gramm pro Quadratmeter (g/qm) zu sein. In den letzten Monaten hat sich bei mir viel Kunstleder in unterschiedlichen Stärken angesammelt und ich erlaube mir daher eine kleine, allgemeine Einordnung:

  • Sehr dünnes Kunstleder = bis etwa 240g/qm (das ist eher für Bekleidung gedacht und ist meistens ziemlich labberig und dehnbar)
  • Dünnes Kunstleder = etwa 240g/qm bis etwa 380 g/qm (auch das ist eher für Bekleidung gedacht, ist aber nicht so labberig wie das sehr dünne Kunstleder)
  • Mitteldickes Kunstleder = etwa 380g/qm bis etwa 480g/qm (dieses Kunstleder ist sehr gut geeignet zur Herstellungen von Taschen und Täschchen)
  • Dickes Kunstleder = etwa 480g/qm bis etwa 600g/qm (auch dieses Kunstleder ist sehr gut geeignet für Taschen und Täschchen und muss zudem nicht verstärkt werden)
  • Sehr dickes Kunstleder = etwa ab 600g/qm (auch dieses Kunstleder ist sehr gut geeignet für Taschen und Täschchen und muss meistens nicht verstärkt werden, allerdings könnte eine normale Nähmaschine Probleme beim Nähen haben)

Übersicht

In der Übersicht seht ihr ein paar unterschiedliche Stärken von Kunstleder, welche ich bereits verwendet habe. Ich werde euch jedes davon genauer vorstellen und auch sagen, wo ich es gekauft habe.

Auch das dünne Kunstleder kann man für Taschen verwenden, wenn man es entsprechend verstärkt. Für Laschen und Schlaufen ist es sogar besser geeignet, als dickes Kunstleder, also z.B. die Lasche zum Verschließen eines Portemonnaies oder die Gurtschlaufen einer Tasche.

Dickes Kunstleder ist hingegen besser geeignet für die Tasche an sich, wenn man will, dass die Tasche auch von alleine stehen kann. Die Teile müssen dann meistens nicht extra noch verstärkt werden.

Kunstleder hat immer eine schöne Seite, die aussieht wie Leder und eine Rückseite, die meistens strukturiert ist oder bereits mit Vlies versehen. Dass Kunstleder beidseitig „schön“ aussieht, so wie echtes Leder, habe ich noch nicht gesehen.

Bezugsquellen und Verwendung

Sehr dünnes Kunstleder

Das sehr dünne Kunstleder (hier in mint und türkis 230g/qm) habe ich bei herberttextil gekauft. Ich habe es bereits für die Lasche einer Geldbörse verwendet, dazu habe ich es vorher mit Vlieseline H250 verstärkt (Kann man Kunstleder bügeln? siehe weiter unten). Wenn man es verstärkt, dann kann man es auch für Taschen verwenden.

Ich habe es schon für den mittleren Teil einer FoldOver-Tasche verwendet und dafür mit Thermolam verstärkt. Das Thermolam ist ein in sich verfestigtes Volumenvlies, welches mit eingenäht wird. Es bietet genügend Stand und verhindert, dass Schlüssel oder Stift von innen durchstechen können. Auch die Klappe der FoldOver-Tasche sollte mit Thermolam verstärkt werden, wenn sie aus diesem Kunstleder gemacht werden soll.

Bei der Lexa habe ich es hier für die Seiten und die schrägen Seiten auf der Front verwendet, zuvor mit Vlieseline S320 verstärkt.

Dünnes Kunstleder ist auch gut geeignet, um daraus Paspelband selber herzustellen, so passt das Band perfekt zur restlichen Tasche.

Dieses Kunstleder ist allerdings etwas schwieriger zu nähen, da es sich gerne vor dem Nähfüßchen auftürmt und sich so schneller verzieht, trotz Teflonfuß.

Es hat meistens eine ganz glatte, unstrukturierte Rückseite und ist eher für Bekleidung gedacht.

Ein weiteres sehr dünnes Kunstleder ist (manches) Lasercut-Kunstleder. Dieses bekommt eine tolle Struktur durch die gelaserten Muster, hier das Mint und Silber. Es sollte zusätzlich mit einem weiteren dünnen (evtl. verstärktem) Kunstleder unterlegt werden, sodass kein Wasser durchweichen kann, außerdem kann man tolle Effekte erzielen, wenn man dafür farbiges Kunstleder nutzt.

Diese Lasercut-Kunstleder stammt aus dem Schöner-Leben-Shop.

Dünnes Kunstleder

Das dünne Kunstleder in 280g/qm (auf dem Bild in grün) habe ich bei rijstextiles gekauft. Es hat am Anfang ziemlich gestunken und ich habe es zum Auslüften für ein paar Tage aufgehängt. Danach war der Gestank verflogen.

Bei der einen Tasche ist es das Kunstleder in Flieder für die Klappe. Evtl. sollte es hierfür ein wenig verstärkt werden, sodass es nicht zu labberig ist.

Bei der Lexa wurden die gelben Seiten aus einem ähnlich dünnen Kunstleder gemacht.

Dieses Kunstleder ist auch gut geeignet, um daraus Laschen zu machen.
Die Rückseite bei diesem Kunstleder ist ganz leicht netzartig strukturiert.

Mitteldickes, steifes Kunstleder

Kommen wir zum mitteldicken Kunstleder. Das rosafarbene und violette Kunstleder ist ca. 390g/qm und stammt von Grimpy Kunstleder (anscheinend gibt es diesen Shop leider nicht mehr…). Leider gibt es hier keine g/qm-Angabe, sondern nur eine mm-Angabe, darum ist das Gewicht nur geschätzt. Es ist um einiges dicker als das von rijstextiles, aber etwas dünner als das Rex von Swafing (400g/qm oben auf dem Bild in der Mitte).

Das Kunstleder von Swafing habe ich hier bei der Ankertasche verwendet: das Petrol des Taschenbodens. Swafing hat auch noch ein dickeres Kunstleder mit Vliesrückseite. Beide gibt es in mehreren Farben z.B. bei Käthe Meier.

Auch Astrokatze hat zur Zeit ein paar schöne Kunstleder, vor allem das gelbe und petrolfarbene Kunstleder mag ich sehr gerne. Es ist etwas steifer und lässt sich wunderbar verarbeiten.

Die „unbunten“ Kunstleder von Astrokatze sind von der Qualität her mit dem Kunstleder von Stoff und Stil vergleichbar, also eher weich.

Ich arbeite gerne mit den etwas steiferen Kunstledern, auch für Portemonnaies und Täschchen sind sie gut geeignet, z.B. auch für Laschen an Portemonnaies, wie hier bei der Vogel-Geldbörse das Kunstleder in Dunkelblau von Grimpy.

Wenn ich es für FoldOver-Taschen verwende, verstärke ich nur den unteren und mittleren Teil mit Thermolam. Möchtest du es für Lexa oder Lexa Big verwenden, solltest du alle Teile mit Vlieseline S320 verstärken.

Mitteldickes, weiches Kunstleder

Ein weiches, mitteldickes Kunstleder ist z.B. das Lederimitat von Stoff und Stil. Leider ist auch hier die g/qm nicht angegeben, aber es ist etwas dicker als das von Swafing und darum schätze ich es auf ca. 460g/qm (oben im Bild das dritte Braune von rechts). Dieses Kunstleder hat einen angenehm weichen Griff und ist trotzdem stabil.

Stoff und Stil hat hauptsächlich die Standard-Farben wie schwarz, weiß, grau und braun. Aber es gibt auch ein paar besondere Kunstleder, wie z.B. das Kupfergold, welches man auf dem Bild rechts oben sieht. Ich arbeite sehr gern mit diesem Kunstleder, da es auch eine Baumwollrückseite hat, die man ganz gut mit Vlieseline bebügeln kann (Tipps zum Bügeln von Kunstleder siehe weiter unten).

Sehr ähnlich ist das Kunstleder von Stick and Style und zudem gibt es hier noch wunderschöne Farben, z.B. mint und hellgrün, wie bei der Geldbörse mit den Bienen zu sehen.

Auch Frau Tulpe hat eine sehr schöne Kunstleder-Qualität, wie hier das Gelbe bei der herbstlichen FoldOver-Tasche. Es ist etwas dicker als das Kunstleder von Stoff und Stil und Stick and Style, aber trotzdem weich im Griff.

Ein weiteres mitteldickes, weiches Kunstleder ist das „Maro“ von Swafing, welches es auch bei Käthe Meier gibt. Dieses ist sehr stofflich, die rechte Seite etwas „pelzig“ und lässt sich ganz toll verarbeiten.

Auch sehr schön finde ich das senfgelbe Kunstleder im Vintagelook von kleinkariert, welches Echtleder sehr nahe kommt.

Wenn ich dieses Kunstleder für eine FoldOver verwende, dann verstärke ich den unteren und mittleren Teil mit Thermolam.

Möchtest du dieses Kunstleder für die Lexa oder Lexa Big verwenden, solltest du alle Teile (z.B. mit Vlieseline S320) verstärken.

Dickes Kunstleder

Zur Herstellung von Taschen arbeite ich am liebsten mit dickem Kunstleder. Dickes Kunstleder hat meistens eine flauschige Vlies-Rückseite und muss somit meistens nicht verstärkt werden, sondern ist stabil genug.

Möchtest du dieses Kunstleder für die Lexa verwenden, genügt es den Boden und die Seiten zu verstärken (bei der Lexa big evtl. aber auch die anderen Teile).

Grimpy hat ein paar solcher dicken Kunstleder in verschiedenen „Optiken“, besonders schön ist die Antik-Optik mit einer Echtleder-Maserung. Bei Grimpy ist es mit 1,1mm angegeben und ich würde es auf etwa 500g/qm schätzen.

Auch Swafing hat ein etwas dickeres Kunstleder (480g/qm) mit einer flauschigen Vlies-Rückseite. Bei Käthe Meier gibt es dieses z.B. in Lila und in Hellgrau.

Sehr dickes Kunstleder

Mein sehr dickes Kunstleder ist ca. 665g/qm (angegeben sind 931g/Laufmeter lfm) und ich habe es beim ebay-Händler netmak gekauft. Hier gibt es verschiedene Qualitäten; von den 6 Kunstledern, die ich dort bestellt habe, kann ich allerdings nur 3 gebrauchen, denn die anderen waren sehr hart und vermutlich eher als Polsterbezug gedacht. Man kann sich aber vorher Muster bestellen.

Sehr dickes Kunstleder ist gut für Taschen geeignet, denn auch das hat eine dicke Vlies-Rückseite und muss nicht verstärkt werden, sondern steht von allein. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass eine normale Nähmaschine Schwierigkeiten haben könnte, wenn sie mehrere Lagen dieses sehr dicken Kunstleders nähen muss.

Möchtest du dieses Kunstleder für die Lexa verwenden, genügt es den Boden und die Seiten zu verstärken (bei der Lexa big evtl. aber auch die anderen Teile).

Das Braun hat eine schöne Färbung und es ist etwas weicher als das von Grimpy und wenn ich mich richtig erinnere, war es sogar eines der günstigsten Kunstleder, das ich bisher gekauft habe. Es ist also nicht immer eine Frage des Preises, ob es sich um gutes Kunstleder handelt. Häufig bleibt nur Ausprobieren.

Sehr dickes Kunstleder sollte eher nicht für Gurtschlaufen oder für Laschen verwendet werden, da hier immer mehrere Lagen übereinander liegen und die ein oder andere Nähmaschine Probleme beim Nähen bekommen könnte.

Aufbewahrung und Verarbeitung

Kunstleder aufbewahren

Kunstleder und auch beschichtete Baumwolle/ Wachstuch sollten möglichst aufgerollt gelagert werden, sodass Falten erst gar nicht entstehen können, denn diese wieder rauszubekommen kann recht schwierig sein. Wird das Kunstleder liegend gerollt gelagert, solltest du drauf achten, dass es auf keiner scharfen Kante liegt, sondern möglichst gepolstert. Es gibt diese tollen Regalhalterungen beim Schweden, wenn man die etwas polstert kann man dort super die langen Rollen lagern. Am besten nicht zu viele übereinander legen, da die unterste Rolle sonst trotzdem Kantenabdrücke bekommen kann.

Kleinere Rollen kann man sehr gut stehend lagern. Dazu das Kunstleder einfach z.B. auf eine alte Geschenkpapierrolle aufrollen und in ein Gefäß mit hohem Rand stellen, das kann ein Papierkorb sein oder ein hoher Karton oder, wie in meinem Fall, alte Architektenskizzenrollen, die ich mittig geteilt habe.

Damit sich das Kunstleder nicht wieder von selbst abrollt, kann man aus einem dicken Stück Folie eine Lasche drum binden oder auch aufgeschnittene Toilettenpapierrollen drüber stülpen.

Wenn ihr viel Platz im Nähzimmer habt, dann könnt ihr euch auch einen Kunstlederständer selber bauen. Eine kostenlose Anleitung dazu findet ihr in hier.

Kunstleder bügeln

Hat das Kunstleder doch mal Falten bekommen, kannst du probieren es zu bügeln. Ich probiere es immer vorher an einem Reststück aus, da nicht jedes Kunstleder gebügelt werden mag.

Ich habe da auch ein sehr faltiges Exemplar. Das wurde mir aber bereits so geschickt, vermutlich war es das Ende der Rolle. Das Geld dafür habe ich dann erstattet bekommen, durfte es aber trotzdem behalten. An dem guten Stück kann ich euch mal das Bügeln zeigen 😉 Ein schönes rotes Kunstleder mit dicken Falten und kleineren Fältchen.

Vorher

Nachher

Wie man sieht, sind die kleinen Fältchen ausbügelbar, aber diese fiese, dicke Falte rechts ist immernoch deutlich erkennbar. Aber das kennt man ja auch manchmal von Stoffen, da gibt es auch manchmal Falten, die man einfach nicht mehr ausbügeln kann.

Wie wird gebügelt?

Beim Bügeln von Kunstleder gilt: IMMER NUR von der Rückseite bügeln und IMMER mit einem Tuch dazwischen (das kann auch einfach ein Rest Baumwollstoff sein). Hast du ein Kunstleder erwischt, dass es nicht mag, gebügelt zu werden und du bügelst direkt auf der Rückseite ohne Tuch, dann kann es passieren, dass das Kunstleder unter deinem Bügeleisen schmilzt, es verklebt und du dir ein neues Bügeleisen kaufen darfst 😉

Also immer ein Tuch zwischen Kunstleder und Bügeleisen. Kunstleder sollte auch nicht zu lange gebügelt werden. Ich könnte mir vorstellen, dass es irgendwann schmilzt. Ist mir zwar noch nicht passiert, aber man weiß ja nie 😉

Rückseite des Kunstleders nach oben

Tuch drüber

Kunstleder verstärken

Ich wurde auch immer wieder gefragt, ob man Kunstleder mit Vlieseline bebügeln kann. Ich würde sagen: Jein! Auch das ist bei jedem Kunstleder unterschiedlich. Da man es nicht zu lange bügeln sollte, kann ich mir vorstellen, dass z.B. Vlieseline H630 oder H640 nicht gut aufzubügeln ist, da es längere Zeit auf ein- und derselben Stelle gebügelt wird.

Gute Erfahrung habe ich mit dem Aufbügeln von Vlieseline H250, Vlieseline S320, Decovil light und Decovil gemacht, aber auch hier muss immer ein Tuch zwischen Bügeleisen und den Materialien sein. Probiere es vorher an einem Reststück aus.

Man darf es nicht zu lange bügeln. Achtung! Das Kunstleder ist nach dem Aufbügeln der Vlieseline sehr heiß! Lege es am besten erst einmal zum Abkühlen zur Seite, bevor du es weiter verwendest.

Kunstleder verarbeiten

Kunstleder wird ganz normal mit der Schere oder dem Rollschneider zugeschnitten. Am besten legt ihr euch dafür eine separate Schere/ Rollschneider zu, denn sonst wird eure gute Stoffschere schneller stumpf.

Markierungen können wir am Einfachsten mit dem Kugelschreiber auf der Rückseite des Kunstleders machen.
Wir nähen Kunstleder NICHT mit einer Ledernadel, denn diese ist nur für echtes Leder und schneidet Löcher ins Material, was Kunstleder zum Reißen bringen kann.

Kunstleder ist ein Kunststoffgewebe und wird am besten mit einer Microtex-Nadel (Werbelink) genäht. Ich verwende immer die normalen Universalnadeln und bei dicken Stellen Jeansnadeln. Am besten auch hier wieder vorher an einem Reststück ausprobieren, womit eure Maschine am besten zurecht kommt.

Kunstleder wird mit einem normalen Geradstich genäht.

Die Stichlänge beim Nähen von Kunstleder sollte nicht zu klein gewählt werden, da das Kunstleder sonst schneller reißen kann. Ich nähe immer mit einer Stichlänge von 3 und zum Absteppen sogar 3,5 – 4. Gibt es Stellen, wo das zu weit ist, nähe ich dort immer ein paar Stiche Rückwärts und dann weiter geradeaus (z.B. bei der FoldOver, wenn man die Schlaufen einnäht). Man darf aber nicht zu viele Stiche machen, sonst wird das Kunstleder wieder zu stark perforiert und kann reißen.

Je dicker die Materialen sind, umso höher muss auch die Oberfadenspannung gestellt werden, da die Fäden ja auch mehr Material zusammenhalten müssen. Probiere das am besten wieder vorher an einem Reststück aus.

Zum Nähen verwende ich ganz normales Garn, das ich auch für alle anderen Stoffe verwende, gekauft u.a. bei Stoff und Stil.

Um dicke Knubbel nach dem Wenden zu vermeiden, kann man Ecken und Kanten vorher abschrägen, dazu einfach knapp vor der Naht die Nahtzugabe mit der Schere abschneiden. Nach dem Wenden kann man die Ecken dann leichter herausdrücken.

Wenn ihr auf der rechten Seite (also auf der schönen Seite) des Kunstleders näht, z.B. beim Absteppen, kann es sein, dass der normale Nähmaschinenfuß immer wieder am Material kleben bleibt. Um das zu verhindern, könnt ihr einen Teflonfuß verwenden. Das ist ein Plastikfuß mit einer beschichteten Unterseite, die besser über Kunstleder, Wachstuch und beschichtete Baumwolle gleitet.

Meine Maschine hat einen eingebauten Obertransport (IDT), so kann ich Kunstleder auch einfach mit dem normalen Fuß nähen.

Hauptsächliche nähe ich mit einer alten Pfaff 1222 electronic und sie näht einfach alles, was ich ihr unterschiebe 😉 Außerdem hat sie, wie schon gesagt, einen eingebauten Obertransport, der auch das Nähen von Jersey und anderen rutschigen Materialen erleichtert.

Die alten Pfaff-Maschinen sind meistens unverwüstlich und man bekommt sie gebraucht bei Ebay und Co.

Preislich liegt sie bei etwa 250-400 Euro und ist somit günstiger als so manche Plastikmaschine, die bei 3 Lagen Kunstleder streikt.

20 Meinungen zu “Kunstleder-Guide

  1. Ingrid sagt:

    Liebe Lisa von Hansedelli,

    ich habe mir das „Ananasleder“ besorgt. Kennst Du das? Hast Du damit schon mal gearbeitet? Ich finde es toll, dass es jetzt dieses plastikfreie Leder gibt, und weil ich noch nie Kunstleder verarbeitet habe, bin ich bei der Suche nach Hilfe im Netz auf Deine Seite gestoßen. Ich glaube, dass ich Deine Tips und Hinweise sehr gut gebrauchen kann.

    Viele Grüße

    Ingrid

    • Hansedelli sagt:

      Hallo Ingrid,
      ein Ananasleder habe ich bisher noch nicht ausprobiert, aber es klingt sehr spannend! Das werde ich mir mal näher anschauen. Die Tipps und Hinweise sind aber sicherlich auch auf dieses anwendbar 🙂
      Viele Grüße
      Lisa von Hansedelli

  2. Sandra sagt:

    Hallo Lisa,
    kann man für die Little Ruby Softshell in Kombination mit Kunstleder für aussen verwenden ? Oder trägt das Softshell zu sehr auf ?
    LG von Sandra

  3. Lela sagt:

    Guten Morgen,

    Du hast doch sicher ein Paar ältere Rollen Kunstleder dabei, weißt Du, wie lange man Kunstleder ungefähr lagern und dann noch benutzen kann, ohne dass es brüchig und bröselig wird? Ich habe schon einige Sorten Kunstleder zuhause, nähe aber nicht ganz so oft und habe die Sorge, wenn ich mir jetzt noch mehr Farben zulege, dass ich irgendwann sehr viel wegwerfen muss…
    LG Lela

    • Hansedelli sagt:

      Liebe Lela,
      einige meiner Kunstleder sind mittlerweile um die 7 Jahre alt und ich kann bisher noch keine Müdigkeitserscheinungen feststellen. 🙂
      Viele Grüße,
      Lisa von Hansedelli

  4. Christin sagt:

    Hallo,

    vielen Dank für die tolle und verständliche Übersicht. Ich habe vor einiger Zeit eine Foldover genäht und hatte bereits nach wenigen Malen tragen das Problem, dass das Kunstleder sowohl im oberen Bereich, der umgeklappt wird als auch am Boden eingerissen ist. Liegt das eher an der Qualität oder an der Stärke des Kunstleders? Würde so gerne noch mehr Taschen aus/mit Kunstleder nähen, aber habe Angst, dass sie durch das Tragen kaputt gehen.
    Liebe Grüße
    Christin

    • Hansedelli sagt:

      Liebe Christin,
      da würde ich jetzt vermuten, dass es an der Qualität des Kunstleders liegt. Ich habe schön öfter dickeres Kunstleder vernäht und hat solche Probleme noch nicht.
      Ich kann z.B. das Kunstleder von Wunderland der Stoffe, Käthe Meier und Stoff und Stil empfehlen.
      Viele Grüße
      Lisa von Hansedelli

  5. Meike sagt:

    Hallo,
    ich nähe noch nicht lange und möchte mich trotzdem an einer Tasche versuchen. 🙂
    Das Kunstleder was ich verwenden möchte hat lt. Angabe ca. 400g/qm und ist ca. 0,8mm „dick“.
    Trotzdem erscheint es mir doch sehr dünn/weich und nun habe ich mir S320 bestellt um das Kunstleder damit zu verstärken.
    Meine Frage ist, schneide ich erst das Kunstleder zu und bügel dann auf die einzelnen Teile die S320 auf oder erst die S320 aufbügeln und dann zuschneiden? Muss ich vielleicht sogar die S320 entspr. kleiner zuschneiden wie das Kunstleder (wg. Nahtzugabe)?
    Vielen Dank für Tipps!

    • Hansedelli sagt:

      Liebe Meike,
      das kommt immer auf den jeweiligen Schnitt an. In meinen Schnitten ist immer mit angegeben, ob das jeweilige Teil vollflächig oder ohne Nahtzugabe verstärkt werden sollte. Du kannst die Teile eigentlich vorher passend zuschneiden und dann das Vlies mittig aufbügeln 🙂 Zum Bügeln findest du oben im Beitrag auch noch ein paar Tipps.
      Viele Grüße
      Lisa von Hansedelli

  6. annika sagt:

    Hallo,
    vielen Dank für den coolen Guide!
    Ich hätte noch eine Frage zu den Baumwollstoffen, die in den Geldbeuteln verwendet werden sollen. Du schreibst ja immer es sollen „sehr dünne“ oder „dünne“ Baumwollstoffe verwendet werden.
    Ich habe jetzt die Opal genäht mit Innenstoffen von 130g/qm. Das hat sehr gut funktioniert. Für die Mr Ryks wollte ich allerdings auch Uni farbene Stoffe verwenden, die ich aber bisher nur mit 160g/qm gefunden habe.
    Bis zu welchen g/qm würdest du denn Stoffe verwenden?
    Viele Grüße
    Annika

    • Hansedelli sagt:

      Liebe Annika,
      generell ist es bei Geldbörsen besser, einen (sehr) dünnen Innenstoff zu verwenden, sonst wird die Börse einfach zu dick. Die „Kauf-Portemonnaies“ haben innen meistens sogar nur so einen dünnen Nylonstoff, das hat schon seinen Grund 🙂 Ich würde für innen nichts schweres als 140g/qm verwenden, also Stoffe wie Popeline oder Patchworkstoffe. Evtl. kannst du deinen 160g Stoff mit einem dünneren kombinieren (also alles, wovon nicht viel zu sehen ist, aus einem dünnen Stoff machen und nur die vordersten Teile aus dem 160g Stoff)?
      Wäre schade, wenn das Portemonnaie später zu dick wird.
      Viele Grüße
      Lisa von Hansedelli

  7. Manuela sagt:

    Hallo, Danke für den tollen Guide, der hat mir viele Infos gegeben und auch schon viele Fragen beantwortet. Aber eine Frage habe ich dennoch. Ich möchte gerne eine stabile TAsche nähen, die außen Kunstleder und innen einen anderen Stoff hat wie z.B. Canvas. Geht das? Ist es auch möglich zwei Lagen Kunstleder zu verwenden (für Innen und Außen)? Vielen Dank

    • Hansedelli sagt:

      Liebe Manuela,
      meine Taschen sind eigentlich immer außen (zumindest teilweise) aus Kunstleder und innen einem Baumwollstoff. Das ist kein Problem 🙂 Innen würde ich allerdings kein Kunstleder empfehlen, da es dann an manchen Stellen zu dick werden könnte, dort wo innen und außen zusammengenäht werden muss. Möchtest du innen Kunstleder verwenden, weil es wasserabweisend sein soll? Dann würde ich eher einen dünnen, beschichteten Baumwollstoff dafür empfehlen.
      Viele Grüße
      Lisa von Hansedelli

  8. Franziska Heber sagt:

    Hallo
    wenn du für deine Taschen den Canvas Stoff verwendest, mit welchem Vlies verstärkst du diesen dann ?
    Vielen Dank

    • Hansedelli sagt:

      Liebe Franziska,
      das kommt drauf an, was für einen Effekt ich erzielen möchte 🙂 Möchte ich die Tasche zwar etwas voluminöser, aber trotzdem noch knautschig im Griff, dann verwende ich meistens Volumenvlies H630. Möchte ich sie eher steifer, dann verwende ich gerne Schabrackeneinlage S320. Soll sie richtig steif sein, dann kann man auch Decovil oder Decovil light verwenden.
      Vielleicht werde ich demnächst auch mal einen kleinen „Vlies-Guide“ schreiben 🙂
      Viele Grüße
      Lisa von Hansedelli

  9. Amina Dornbusch sagt:

    Hey, ich fand deinen Bericht sehr interessant und hat mir auch schon sehr viele Infos gegeben. Ich habe mir vor kurzem Kunstleder angelegt und wollte mal wissen, als was dieses eingestuft wird, es stand in der Beschreibung das es 140m Breit ist und ich habe eine Länge von 2m und es soll ein Gewicht von ca 900g/ Laufmeter haben. Auf der Rückseite befindet sich denke ich auch ein Vlies.

    MfG

    • Hansedelli sagt:

      Das kannst du ganz einfach berechnen 🙂 Wenn es 900g/lfm sind und es ist 140cm breit (also 100cm x 140cm = 900g), dann wiegt es etwa 640g/qm und gehört damit zu den dicken Kunstledern. Deine Maschine sollte dafür also in der Lage sein, auch dickere Schichten nähen zu können. So ein dickeres Kunstleder muss meistens auch nicht verstärkt werden (kommt aber aufs Projekt an).

    • Laura sagt:

      Hallo,
      Auch ich nähe noch nicht lange und habe mir ein Schnittmuster für eine Ledertasche gekauft ?
      Das Kunstleder was ich verwenden möchte hat lt. Angabe ca. 400g/qm und ist ca. 0,8mm “dick”.
      Welche Nadelstärke verwendest du bei deinen Nähnadeln (Universal, Jeans, Mikrotex)

      Dein Beitrag war übrigens super. Endlich habe ich die wichtigsten Informationen gut zusammengefasst lesen können .

      Liebe Grüße Laura

      • Hansedelli sagt:

        Hallo Laura,

        Vielen lieben Dank 🙂
        Meistens verwende ich eine 90er Universalnadel. Damit klappt es eigentlich sehr gut. Bei sehr dicken Stellen verwende ich eine 90er Jeansnadel.

        Viele Grüße
        Lisa von Hansedelli

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